Mein letzter Monat hier trägt einen leicht surrealen Charakter; und das hängt vermutlich nicht zuletzt damit zusammen, dass sich alles dem Ende zuneigt. (Vielleicht aber auch damit, dass Deutschland tatsächlich und wahrhaftig den Grand Prix gewonnen hat…aber das ist eine andere Geschichte!)

Das ganze begann mit Flos 21. Geburtstag. Der Gute kam auf die nicht ganz unbescheidene Idee, zu seinem Ehrentag eine Ziege schlachten zu lassen und das ganze Dorf einzuladen.

Die Ziege hatte dann eher die Dimension einer kleinwüchsigen Kuh und wurde komplett zu Curry verarbeitet. Spätestens als die Kinder mit gegrillten Ziegengeschlechtsteilen am Spieß durch die Gegend rannten wurden Erinnerungen an Indiana Jones wach…

Jedenfalls war es eine nette Gelegenheit, die ganzen anderen Freiwilligen wieder zu treffen und Erfahrungen, Ideen und Läuse auszutauschen.

Danach ging der Unterricht endlich wieder so richtig los, und ich habe mein Deputat von bescheidenen 6 Wochenstunden auf stolze 15 angehoben. An der Schule im Nachbardorf zu unterrichten ist eine ganz neue Erfahrung, wird hier doch überwiegend – aus Lehrermangel und überzeugung – mit dem Fernsehr unterrichtet. Dementsprechend gewöhnungsbedürftig ist es vor allem für die jüngeren Schüler, tatsächlich mit einem Lehrer konfrontiert zu warden. Umso dankbarer sind dann aber die älteren Schüler (10-13 Jahre alt), die sich darum reißen dass ich auch ja pünktlich zum Unterricht komme, bis zur letzten Minute unterrichte und ihnen beim Tanzen zuschau (letzteres gilt insbesondere für die Jungs der Fünften Klasse).

Die ersten Tage habe ich mit Tobias aus Dänemark unterrichtet, was ein großer Spaß war – nicht nur weil die kleinen Jungs die ganze Zeit seine stolze Armbehaarung streicheln wollten, sondern auch weil er auf die geniale Idee kam, der sechsten Klasse so essentielle Vokabeln wie goatee (Ziegenbart) und sideburns (Koteletten) beizubringen – frei nach dem Motto – wer braucht schon “How are you?” wenn man doch den Smalltalk auch mit “What type of beard do you like best?” beginnen kann?

Leider musste sich Tobias dann auch schon wieder verabschieden; und seine unschlagbaren deutschen Witze werden in Kok Payom fehlen – beispielsweise führte er unsere Fähigkeit, scharf zu essen, auf “das deutsche Panzermund” zurück und versuchte unserem Nachbarn “Das ist ein Befehl!” als typisch deutsche Höflichkeitsformel beizubringen. Außerdem nannte er mich nur noch “Fräulein Rohrer” und Flo “Doktor Schnabel” und integrierte begeistert neue Vokabeln wie “Schnabeltasse” in seinen umfangreichen deutschen Wortschatz.

Zum Abschied gab es noch eine stattliche Sammlung an VCDs und DVDs für unser “Wohnzimmer”, den Gemeindepavilion (Sala); soll heißen ich kann mir jetzt immer “New Moon” und “Hitman” mit Chuck Norris anschauen, wenn mir der Sinn danach steht, und natürlich pathetische Reden und Essen bis zum Umfallen.

Tobias schrieb seine Rede löblicherweise selbst auf Thai und wählte eine Einleitung, die so schnell keiner vergessen wird (“Als ich das erste Mal nach Kok Payom kam, dachte ich alle währen total verrückt und rauchen die ganze Zeit Marihuana”).

Nachdem Tobias ging kamen dann zwei Thai-Volunteers dazu, Bia (heißt auf Thai “Bier”, ist aber in diesem Fall die Kurzform von Arabia) und Aleef  (die Langform von Ali, quasi). Erstere ist eine junge Studentin aus Hat Yai die sich mit dem Englisch sehr zurückhält (warum auch nicht, sie studiert es ja nur?) und für stolze vier Monate in Kok Payom bleibt; zweiterer trägt gerne enge T-Shirts, spricht fleißigst Englisch (wie könnte er auch sonst mit den internationalen Freiwilligen flirten?) und verbringt seinen Monat hier damit, laut vor sich hinzusingen und Kunstwerke zu schaffen (z.B. ein Aschenbecher aus Muscheln, in Form eines Huhnes). Diese Woche noch kriegen wir einen neuen Japaner, von dem das Dorf schon feste Vorstellungen hat, immerhin muss er ja die Lücke ausfüllen, die Daisuke gelassen hat. Der Ärmste – hoffentlich raucht er auch wie ein Schlot, wiegt weniger als 55 Kilo, ernährt sich von Cola und spricht kaum Englisch; sonst kann er dem Druck vielleicht nicht standhalten…

Außerdem hat die Regenzeit so richtig kräftig angefangen, inklusive ungeheurer Moskitoschwärme 24h am Tag (uns wurde versicht, dass sie gefährliche Krankheiten übertragen). Als Nebeneffekt verbringen die Fischermänner mehr Zeit bei uns am Fischerpier; und in Folge dessen ist offensichtlich die Pubertät in Kok Payom ausgebrochen. Ich meine, schon davor bekam ich manchmal Extra-Aufmerksamkeit von der betagten männlichen Dorfbevölkerung; aber inzwischen bin ich hier wohl die Herzenbrecherin bei über dreißigjährigen Fischern, Tourguides und Minivanfahrern.

Eine etwas skurrile  Situation ergab sich, als ich dann mit einem überaus ernsthaften Verehrer zum Seafoodfestival in Songkhla fuhr. Unglücklicherweise lungerte mein anderer Verehrer, der Minivandriver, an der Busstation rum; und nachdem er dem Irrtum unterlag, dass ich mich meinem festen Freund unterwegs sei, trug er seinem Busfahrerkollegen auf, ohne uns abzufahren.

In Hat Yai trafen wir dann Jasper und Kai, zwei andere deutsche Freiwillige, was meinen armen Thaifreund etwas deplatzierte – hatte ich doch weder Interesse an ihm, noch konnte er Englisch oder geschweige denn Deutsch verstehen.

Wir aber zumindest hatten unseren Spaß und verzehrten Meeresfrüchte in allen Variationen, um im Anschluss zwei Türme Bier in einer Strandbar zu vernichten.

Mein zweiter Ausflug der besonderen Art ging nach Satun; da ich dem Sohn unseres Dorfpräsidenten (ich nenne ihn nur noch Dave Power) versprochen hatte, mal an der Schule seines ehemaligen Englischlehrers vorbeizuschauen.  Letzterer entpuppte sich dann als 30 Jahre jung und der erste Abend endete nach reichlich Bier zusammen mit den beiden in einer Gogo-Bar in tiefsten muslimischen Süden Thailands. Während Dave Power seine rudimentären Italienischkenntnisse an mir erprobte (“Ti amo”) überzeugte sein Lehrer mit ausgefeiltem Deutsch (“This is a kaput boy!”).

Am nächstem Morgen durfte ich dann mit kräftigem Schlafdefizit vor der Vollversammlung der 800 Schüler des technischen Werkgymnasiums eine Rede halten und danach die unterschiedlichen Klassen besuchen. Geglänzt haben die Schüler mit ihrem nicht vorhandene Englisch zwar nicht unbedingt, die beiden Ladyboys die mir aber einen Avril-Lavigne-Song vorgesungen haben, haben mich zugegebenermaßen aber doch beeindruckt.

Der Tag fand seinen angemessenen Abschluss, als der Lehrer in seiner Wohnung am Nachmittag plötzlich anfing, Cola mit Kräutern auf einem Gaskocher aufzukochen. Bevor er dem Gebräu Hustensaft (zumindest vermute ich, dass die ominöse braune Flasche aus der Apotheke das enthielt) zusetzte, schloss er alle Türen und Fenster. Dann sah er sich zusammen mit Dave Power wild kichernd Dokumentationen über Wildschweine an; was für mich das Zeichen war, mich zurückzuziehen um eine Tüte Schlaf abzukriegen.

Von all dem mal abgesehen ging das Leben hier in Thailand aber seinen gewöhnlichen Lauf; neuerdings halten wir jetzt gemeinsam mit unserem Nachbarn Hühner in unserem Garten und die gute alte Jasmin auch wieder Junge (unsere andere Katze, die aussieht wie Hitler, nennt sich Muschi), womit wir jetzt drei erstaunlich gesunde neue Babykatzen besitzen (das vierte war schon lange im Zustand der Todesstarre, als ich ihm eine angemessene See…oder besser Kanalbestattung organisierte) und demnächst “Meine kleine Farm” nachstellen können. Vielleicht sollten wir uns auch eine Ziege zulegen…?

Achja, meine Studienplatzzusage habe ich auch gekriegt; innerhalb rekordverdächtiger 10 Stunden nachdem ich die Bewerbung online (am Sonntagmittag) abschickte, persönlich mit “Herzlich-Willkommen”-e-mail.

Soll doch nochmal einer behaupten, dass die Welt nicht ungerecht ware…

Nach ausgedehnter Abwesenheit…

Wo war ich stehengeblieben?

Achja, der eigentlich Grund, warum ich in Chiang Mai war, war ja das Thai-Neujahr, besser bekannt als Songkran. An diesen 3 besonderen Tagen gehen die Thais in den Tempel und zollen den betagteren Mitmenschen Respekt, indem sie sie mit wohlriechendem Wasser besprenkeln. Soweit die Theorie.

In Chiang Mai, bekannterweise das Zentrum der Feierlichkeiten, wurden einige Anpassungen vorgenommen. So wird Songkran auf 5 Tage ausgedehnt; auch weniger betagte Mitmenschen werden mit dem feuchten Nass bedacht, dass dann auch nicht immer nur wohlriechend ist, sondern gerne auch mit Plastikeimern aus dem doch eher dreckigen Fluss rund um die Altstadt (eines der attraktivsten Stadtzentren Thailands, nur so zur Anmerkung) gezogen wird (zur Kompensation wird es aber mit gigantischen Eisquadern aufgewertet). In die Schlacht zieht man auch nicht mit den traditionellen Schalen, sondern mit Plastikeimern (mit Plastikfadem, um im Eifer des Gefechts oder im Suff Verluste zu vermeiden) und billigen Wasserspritzpistolen.

Kurz und gut, trotz der subjektiv empfunden 40 Grad Celsius wurde ich nicht mehr trocken, da mein Hotel (ungeplant) strategisch im Zentrum der Party platziert war. Lustig war es trotzdem.

Gleichzeitig wurde ich Zeugin einer wundersamen Freiwilligenvermehrung. Ersteinmal kamen vier weibliche Freiwillige aus einem anderen Dalaa-Projekt dazu; dann – wie es der Zufall so will – begegneten wir (ungeplant) Lisanne, die ich auf einem Seminar in Deutschland kennen gelernt habe (Chiang Mai ist halt auch nur eine Kleinstadt, selbst mit zehntausenden Touristen) und die im Umland von Chiang Mai in einem Projekt mit alleinerziehenden Frauen arbeitet. Fabian, einer anderen Zufallswiederbegegnung, wurde es dann in Bangkok doch ein wenig zu unbequem (Krawall und Remmidemmi bedeutet nicht automatisch Feierstimmung), und floh spontan ebenfalls in den Norden nach Chiang Mai. Der bunte Gesellschaftskrapfen wurde dann noch durch diverse Bekanntschaftsbekanntschaften erweitert, also ums kurz zu machen: Es wurde nicht langweilig, aber irgendwann waren wir so viele, dass jeglicher Koordinationsversuch zum scheitern verdammt war.

Nach Songkran flog ich nach Hat Yai (wieviele Kilo Plastikabfall muss ich einsammeln um dass vor meinem Umweltgewissen zu kompensieren?) und direkt in den Beginn der Regenzeit. Diese zeigte sich besonders intensiv an dem unvergesslichen Tag, an dem ich mit meiner Thai-Familie und Tobias auf sage und schreibe drei Hochzeiten tanzte (es wurde nicht getanzt – weil Islam, und viel gegessen – weil Thailand); und auch Bang Set (Thai-Papa) wird diesen Tag nicht vergessen, wurde er doch Augenzeuge, wie Tobias ohne Anstrengung 5 volle Teller Reis mit diversen Beilagen (Curry, Mangosalat mit Muscheln, Fisch) zu sich nahm.

Irgendwann machte ich zur Sicherheit nochmal einen kleinen Ausflug ins Krankenhaus in Hat Yai, wo die Doktoren herausragend Englisch sprechen. Sagt der Lonely Planet (heiliges Buch ect). Als ich aber etwas missverstanden wurde (ich bat darum, mein Blut zu checken, woraufhin die Krankenschwester wissend nickte und zur zweiten Schwester auf Thai meinte, es seien Armschmerzen), verlegten wir die Kommunikationsbasis in die Thaisprache. Die Doktorin meinte dann: “You come alone to my house!”

Bin ich froh, dass ich inzwischen ausreichend Thai spreche, um rauszufinden, dass sich mich nicht kidnappen wollte.

Dann wurde das Wetter mal wieder trocken und warm und Ga Gii (Thai-Mama) verriet mir, dass in der darauffolgenden Woche der kleine Bruder heiraten sollte. Ihr kleiner Bruder, dachte ich zumindest, also fragte ich, wie alt der Gute denn sei.

Es stellte sich heraus, dass sie meinen kleinen Bruder, also ihren Sohn meinte, der unschuldige 19 Jahre alt ist. Wer jetzt meint “es sind halt Muslim, das ist ihre Tradition”, dem sei gesagt, dass die Schwester mit 26 Jahren noch unverheiratet ist und arbeitet. Und zwar, weil die Eltern und sie es so wollen. Bleibt also reichlich Spekulation warum ein Teenager zum Unbehagen seiner Eltern den Bund der Ehe eingeht; und da kam mir dann die Theorie, dass 19 vielleicht doch kein so unschuldiges Alter ist…aber das wird sich in 9 Monaten zeigen!

Jedenfalls wurde in den drei Tagen Vorbereitung eine neue Wand hochgezogen (haha, Hochzeitsnacht im Haus der Eltern, nur getrennt durch eine 20 Milimeter Spanplatte?), und mir versichert, dass ich dann im Anschluss in das Zimmer einziehen sollte. Ich lehnte dankend ab, meine Thai-Familie ist ja momentan gleichwertig zu meiner echten Familie, und mit der muss ich ja auch nicht unbedingt zusammenleben!

Ansonsten half ich in den insgesamt 5 Tagen Vor- und Nachbereitung so viel, dass entfernte Verwandte meinten, ich sei die Schwiegertochter; woraufhin meine Thai-Mama allen versicherte, ich sei viel besser als ihre Schwiegertochter (da herrschen latente Resentiments, herzliches Beileid der Braut…).

Jedenfalls kann man dann in 3 Monaten in Deutschland den “Julia-Hochzeitsservice” mieten (als Firmenlogo werde ich entsprechend meinem Thainamen eine Banane nehmen), mitinbegriffene Leistungen:

  • mindestens hundert Gramm Reis pro Gast, Mengenrabat bei einer Tonne und mehr
  • Handwerkskunst auf Basis des Palmenblattes, zur Aufbewahrung exotischen Obstes dessen offiziellen Namen keiner kennt
  • hausgemachte Limonade mit Zutaten aus dem eigenen Garten, auf Wunsch mit pinker Lebensmittelfarbe (Fanta-Look)
  • 50 kg Fisch, auf kleiner Flamme zwei Tage lang mit reichlich Ananas und hangepresster Kokosmilch geschmort
  • frisch geputzter Seetang aus dem heimischen Kanal mit einem Dip aus ca. 8 Kilo Chillischoten
  • voller Service am Platz, gerne auch mit kurzen Pausen zwecks Fotos mit verschwitzten Kellnerinnen aus fernen Staaten
  • Alles Geschirr wird vor den Festlichkeiten gewaschen und poliert, ebenso danach. Plastikgeschirr miteingeschlossen

Zusammenfassend kann ich sagen, dass es anstrengend war; aber auch immer wieder lustig und entspannt, besonders wenn man sich abends bei Keksen und Kaffee zum nicht-weiblichen Teil des Dorfes gesellen konnte (Arbeitsteilung ist Geschlechtersache, und weil Essen Frauensache ist, und Thais unglaublich viel essen, muss die Frau auch mehr arbeiten, egal was manch ein anderer behaupten mag).

Der einzige Nachteil ist, dass ich jetz warten muss, bis mein anderer kleiner Bruder Iffan (momentan 6 Jahre alt) im heiratskompatiblen Alter ist; um endlich in meine Familie einzuheiraten.

Also dann, Thailand sieht mich in 13 Jahren wieder…

Mein letzter Programmpunkt in Vientiane war das Nationalmuseum. Auch wenn es sich um einen kommunistischen Staat handelt, hielt man sich löblicherweise in Sachen Propaganda vornehm zurück; vor allem die französischen Kolonialherren wurden teilweise sogar mit Lob bedacht – ganz im Gegenteil zu den Amerikanern. Diese hatten während des Vietnamkrieges vor allem den Osten und Süden des Landes flächendeckend bombadiert. Die verbliebenen UXO (Unexploded Ordnance, also die Bomben, die nicht hochgegangen sind) fordern immer noch Menschenleben und behindern die Entwicklung in den betroffenen Regionen erheblich; die Beseitigung kommt nur schleppend voran – einerseit aufgrund mangelnder Unterstützung durch die amerikanische Regierung, andererseits stellt sich auch die laotische Regierung stur und akzeptiert viele der Hilfsangebote nicht.

Meine weitere Reise durch Laos führte mich zwangsweise durch Vang Viang, in dem sich erstaunlicherweise mitten im Nichts eine zweite Khaosan-Road (Touristenmeile in Bangkok, Anmerkung der Red.) entwickelt hat.
Die unglaubliche Landschaft, gigantische Felsformationen wahlweise bedeckt mit dichtem Regenwald oder kahlgebrannten Flächen, hätte mich dann beinahe über die lärmenden betrunken Touristen mit Hot Pants (habe ich schon erwähnt, dass man sich in Südostasien trotz der hohen Temperaturen respektvoll kleiden sollte?) und hässlichen Tattoos hinweggetröstet; wäre mir nicht dreisterweise mein Geldbeutel geklaut worden.
Jetzt gibt es zwei mögliche Szenarien:

1.) Ein verschwitzter, dicker amerikanischer Backpacker, mit wahlweise einem Geckotattoo oder einem buddhistischen Symbol, welches er eh nicht versteht, hat Geld gebraucht weil er sich in eine zarte laotische Prostituierte verliebt hat.

2.) Ein arme laotische Familie fand meinen Geldbeutel auf der Straße, suchte studenlang nach dem rechtmäßigen Besitzer, und beschloss schließlich, das Geld zu nutzen, um ihrer jüngsten Tochter den Besuch einer weiterführenden Schule zu ermöglichen.

(Andere Theorien möchte ich an dieser Stelle nicht hören!)

Die Sache wäre nur halb so schlimm gewesen, da ich weder besonders viel Bargeld noch Personalausweis/EC-Karte bei mir hatte; wären nicht noch im Anschluss meine Schuhe geklaut worden. Kein Scherz!
In Laos wie auch in Thailand zieht man seine Schuhe aus, bevor man ein Haus betritt, und theoretisch dann wieder an, wenn man auf die Straße rausgeht – nur waren in diesem Fall meine Flip Flops weg. Meine Hoffnung, sie könnten über Nacht wieder auftauchen, wurden bitter enttäuscht; so dass ich am Morgen gezwungen war, die Schuhe von jemand anderem zu stehlen. Hoffen wir der Ordnung des Universums zuliebe einfach mal, dass ich entweder die Schuhe meines Schuhdiebes oder vielleicht sogar die vom Dieb meines Geldbeutels erwischt habe!

Luang Prabang war dann mal so eben die schönste Stadt die ich jemals gesehen habe; mit bezaubernden Holzhäuschen und Kolonialvillen direkt am Ufer des Mekhong sowie atemberaubenden Tempeln auf einem nebligen Berg. Na gut, genaugenommen war es wohl eher der Rauch, der von den permanenten Waldbränden rübergezog…

Also um meinen Eindruck von Laos mal zusammenzufassen – Laos ist wesentlich weniger entwickelt als Thailand; was man vor allem merkt, wenn man durch die kleineren Dörfer kommt. Trotzdem wirkt die Armut wesentlich weniger bedrückend als zum Beispiel in Bangkok; die meisten Menschen leben in bescheidenen Verhältnissen zusammen mit ihren Familien auf dem Land und strahlen wie die Thailänder eine Art von Zufriedenheit aus, die man in Deutschland selten trifft. Dabei darf man nicht vergessen, dass Laos ein Entwicklungsland ist und hart mit Problemen wie der Wasserversorgung, Malaria, HIV, Drogenmissbrauch und der hohen Analphabetenrate zu kämpfen hat.
Noch eine Anmerkung zu Busfahrten in Laos – die Straßen sind zwar asphaltiert, das war es dann aber auch schon mit den guten Nachrichten. Bei der Fahrt von Luang Prabang nach Huay Xai wurden vorsorglich gleich am Anfang Plastiktüten verteilt…

Danach bin ich über die westliche Grenze zurück nach Thailand, genau genommen nach Chiang Mai zwecks Entspannung (irgendwann schlaucht einen das ständige Umherreisen) und vor allem wegen Songran, dem thailändischen Neujahrsfest vom 12. bis zum 15. April.
Die ersten Tage in Chiangmai wurden dann ungeplanterweise etwas unentspannt als ich wegen Bauchkrämpfen ungeklärter Ursache die Notaufnahme des lokalen Krankenhauses besichtigte; es geht mir aber schon wieder besser, also kein Grund zur Sorge. Außerdem hatte ich trotz Schmerz Spaß bei der Kommunikation mit einem jungen Arzt, dessen Englisch zwar gut, aber für mich als Nichtmediziner etwas zu kompliziert war. Daher behauptete ich, bei vollkommener Ahnungslosigkeit, dass ich nicht unter Leukorrhoea leide (Wikipedia hat mich bei nachträglicher Recherche Gott sei Dank bestätigt); und wieso der gute Mann “void” mit “urine” verwechselt hat, ist mir immer noch ein Rätsel!

Das letzte etwas surreale Highlight war das “Museum Of Insects Of The World And Natural Wonders”, dessen etwas exzentrischer Gründer während seiner Zeit als Malariaforscher ein Faible für Moskitos entwickelt hat.
In dem Museum hängen dann zwischen aufgespießten Insekten seine ungelenken Gemälde, die meistens ein ultrakitschiges Motiv mit einem riesigen Moskito verbinden – “Hier sehen sie zum Beispiel, wie ein gigantischer Moskito Ganesha sticht; hier trinkt gerade ein riesiger Moskito das Blut einer Friedenstaube und hier sehen sie meine liebe Frau, der New York Times zufolge eine der fünf führenden Moskitotaxonomen, wie sie von einem 30cm-Moskito angegriffen wird.”
Außerdem gibt es eine Menge Glückssteine und diverse Liebesvögelnester die man anfassen soll (es gibt Schilder die einen ausdrücklich auffordern), eine Sammlung von Hühnerkrallen mit sechs statt fünf Zehen, falsch geprägte Münzen, ein Tonschwein, welches den Lonely-Planet um eine Erwähnung bittet, ein Spendenaufruf an die 25 reichsten Männer der Erde, Bekenntnisse zum Kreationismus undüberall kleine Schilder mit Sprüchen vom Kaliber “Families that pray together stay together”.
Nachdem ich diesen unheimlichen Ort verlassen habe brauch ich erstmal eine ordentliche Dosis Autan…

Die Zugfahrt von Hat Yai nach Bangkok war etwas länger als erwartet; und ich rede hier nicht von der einen Stunde Verspätung, mit welcher der Zug in Hat Yai eintraf.
So stieg ich also um 17 Uhr in den Zug ein, unerfreulicherweise ohne Liegeplatz weil schon ausgebucht, und sah erst am Mittag des nächsten Tages, mit etwas steifen Gliedern und Augenringen wie ein Panda, wieder ungefiltertes Tageslicht.
Nach acht Stunden Aufenthalt in Bangkok ging es dann wesentlich angenehmer, weil mit Liegeplatz und mit ohne Verspätung nach Nong Khai.
Bei der Fahrt lernte ich einen netten Franzosen kennen, was es mir nun erstmals ermöglicht, eine empirisch gerechtfertigte Studie über französische Nicht-Touristen in Thailand (fNTiT) anzufertigen:
fNTiT in Thailand sind höchstwahrscheinlich männlich und haben Probleme mit der thailändischen Sprache, insbesondere mit der Aussprache (100 Prozent); vermutlich haben sie eine thailändische Freundin oder Gattin (75 Prozent) und nach meiner Zählung heißt jeder zweite Alex. Interessant ist auch, dass vier von vier fNTiT lockiges Haar haben, was bei so manchem Thai zu erheiternden Vorurteilen führt.
Auf diese vergnüglichere Zugfahrt folgte eine Nacht in Nong Khai; die Stadt, die es schafft, noch langsamer zu sein als der Mekhong, der gemächlich durch sie fließt.

Paradoxerweise bekam ich gerade hier den schnellsten Haarschnitt meines
Lebens, in Zahlen:

1 Minute Wartezeit mit beratendem Gespräch, daraufhin
5 Minuten effektive Haarschnittzeit durch
4 Hände von
2 netten thailändischen Azubis für
120 Baht bei
0 Englischkenntnis
An der thailändisch-laotischen Freundschaftsbrücke bekam ich  heute dann problemlos mein On-Arrival-Visum, wenige Kilometer dahinter durfte ich mich dann on-arrival in Laos verlieben.

Laos, oder zumindest das, was ich bisher davon gesehen habe (Vientiane) ist absolut reizend – irgendwo hängengeblieben auf dem Weg vom Kaff zur Großstadt, so dass man tatsächlich ein Fahrrad mieten kann, ohne sein Leben zu riskieren; die Mädels tragen einen traditionellen Sarong, der zu ihrer Schuluniform gehört; auf den Straßenschildern liest man wahlweise RUE oder BOULEVARD, und Kreisverkehre und der Rechtsverkehr verraten:
Hier waren mal die Franzosen!
Vientiane, the Paris of Laos, hat sogar auch noch einen Arc de Triomphe, der aus dem Zement gebaut wurde, den die USA 1969 für den Bau eines Flughafens gespendet hatten (Infrastruktur wird vollkommen überbewertet, daher auch der Spitzenname vertikale Rollbahn).

Jedenfalls ein bezauberndes Land mit sehr freundlichen und entspannten Menschen, die Sprachbarriere hält sich in Grenzen wenn man Thai kann, und ab und zu erblickt man ein kommunistisches Banner am Toyota-Autohaus…

Welcome to Laos!

PS: Noch bin ich nicht dahinter gekommen, warum bei der letzten Revolution auch gleich der Buchstabe R wegreformiert wurde…

…und mit fast schon erschreckender Geschwindigkeit folgt der nächste Reisebericht!

 

Nachdem nun meine Tante und meine Kusin die dann doch eher harmlosen Demonstrationen in Bangkok unbeschadet überstanden hatten kamen sie dann endlich hier in Hat Yai am Flughafen an, was erstmal mit diversen Krisen (bezüglich der Hitze, thailändischen Toiletten, der Präsenz von diversen biologisch interessanten Schabenarten und der akuten Abwesenheit von Müsli) verbunden war.

Irgendwie schafften wir es aber doch zu dritt nach Kok Payom; wo dann ein netter Waldausflug mit zwei noch netteren älteren Damen bei meiner Kusine doch noch die Begeisterung für den ursprünglichen Lebensstil wecken konnte (“voll Natur und so”).

Im Anschluss ging es in den Muh Koh Petra Nationalpark ganz in der Nähe von Kok Payom, wo meine Kusine Sabrina dann auch gleich kräftig als Fotomotiv herhalten musste (“nur weil ich Brüste habe”) und auf den Nachtmarkt in LaNgu, wo man zwei Hosen kaufte, welche die prophezeihte Lebensdauer von einem Tag nur unwesentlich überschritten.

Beim abendlichen Ritual suchten dann die Dorfbewohner von Kok Payom nach einem passenden thailändischen Spitzennamen, was etwas mühselig war, weil ihnen offensichtlich so langsam die Namen ausgehen. Bulan, Vollmond auf Malayu? So heißt doch schon Antoines Mutter! Mali, Jasmin? Den Namen hat Anna gekriegt! Nam Whan, Limonade? Eine andere Freiwillige in Klond Dän!

Am Ende konnte man sich dann auf Ooi (Zuckerrohr, da meine Kusine gemäß Bang Bat ganz besonders süß ist) und Yamlai (Longan, für meine Tante, die noch nie in ihrem Leben Longan aß) einigen.

Am nächsten Tag brachen wir, trotz Bang Bats Angebot, Ooi könne doch einfach für immer in Kok Payom bleiben, nach Koh Lipe auf – nachdem ich mich sechs Monate lang um den obligatorischen Tripp auf die Touri-Insel vor der Küste von Satun drücken konnte, musste ich mir halt dann doch mal das “Wasser mit der besten Farbe überhaupt” (O-Ton Yannis) auf den “Malediven von Thailand” (O-Ton Tourist Authority of Thailand) anschauen.

Dank Vitamin B wie Bang Harie kamen wir dort umsonst hin, was gemäß dem Prinzip der Thaitime zwar mit über drei Stunden Wartezeit in Pakbara verbunden war; dafür bekamen wir VIP-Plätze direkt beim Steuermann auf einer Fähre voller Thais in lilafarbenen T-Shirts auf Betriebsausflug. Während Ooi erneut für diverse Fotos posieren musste (Zitat eines etwas korpulenterem Thailänder, als jemand anderes sie fotografieren will: “Hands off my girlfriend!”) verzog sich Yamlai unter Deck zu den Männern, die vermutlich illegalerweise um Geld zockten und dabei das eine oder andere Bier tranken. Der Tripp war damit eindeutig ein Crashkurs in Sachen Thaikultur!

Eine kurze Beschreibung von Koh Lipe, für alle, die noch nie dort waren: Auf Koh Lipe gibt es zwar einen sogenannten Pattaya-Beach und sogar ein Porn-Ressort (wer zum Teufel nennt eine unschuldige Bungalowanlage am Strand so?); ansonsten ist man aber noch recht weit von den klassisch-überfüllten Toursitenorten entfernt. Auf Koh Lipe gibt es nur einen Tattooshop und noch immer wesentlich mehr thailändische Touristen als Ausländer.

Koh Lipe liegt zwar eigentlich innerhalb des Tarutao-Nationalparks, wurde aber von der Regierung den ursprünglichen Seenomaden, den Chao Leh, zugesprochen. Auch wenn die immer mehr an Einfluß verlieren und ihr Land verkaufen müssen, trifft man die Jungs durchaus noch am Strand, wo man dann wahlweise mit nackten Oberkörpern und brennenden Pois weibliche Touristen beeindruckt oder kifft. Auf dem “Why not Menu” einer netten Bar war dann auch noch eine ganze Flasche thailändischer Rum unter “Soft Dring” aufgefürht; da will ich gar nicht wissen wie stark der “Slippery Nipple” (ein sogenannter “Hard Dring”) ist.

Wir jedenfalls kamen in einer Anlage unter, die dem Schlüssel zufolge “Moonligth Bungkalow” hieß und in der die Schabendichte irgendwo zwischen Hat Yai und Kok Payom lag, dafür beglückten uns aber deutlich mehr Hunde mit dem ein oder anderen Besuch als wir nachts vor der Hütte schliefen.

Was man sonst noch so macht auf Koh Lipe?

Schnorcheln natürlich, und wir hatten eine sehr nette Tour mit zwei vermutlich skandinavischen älteren Pärchen undefinierbarer Herkunft; mit einem fünfzehnjährigen Tourguide, dessen jüngerer Bruder unser Boot lenkte.

Am Abend bekam meine Kusine leider massive Magenprobleme und führte das ein oder andere Ferngespräch mit Jörg.

Außerdem entschied ich mich, schon früher ans Festland zurückzukehren, um von dort aus alleine weiter nach Laos zu reisen; da ein Wolfskind (O-Ton meiner Tante; Kriterien: Man verwendet weder pflegende Haarspülung noch  einen Fön seit sechs Monaten) wie ich ein bisschen mehr Abenteuer braucht als das Rumhängen am Strand von diversen Touristenlocations.

Bei der Rückfahrt kam ich leider zu spät weil kein Taxiboot aufzutreiben war, weswegen ich dann quasi in voller Fahrt von einem Longtailboot auf meine Fähre aufspringen musste. Der Move hätte durchaus James-Bond-Qualität gehabt; hätte es sich um ein Speedboat an Stelle von einem schaukelnden Kahn voller Thaifamilien in Schwimmwesten gehandelt…

Morgen nehme ich dann den Zug von Hat Yai nach Bangkok und von dort aus nach Nong Khai im äußersten Nordosten von Thailand; das nächste Mal meld ich mich dann wohl aus Laos.

Jipppieyeah!

Oder halt: Auuuuuuh…auauh!

Euer Wolfskind

28.02.

Nakhon Si Thammarat ist eine schöne Stadt und definitiv einen Besuch wert. Sie ist berühmt für ihre Schattenspielpuppen und in der Werkstatt der berühmtesten Schattenspielpuppenkünstlers komme ich in den Genuss einer sehr privaten Präsentation (im Publikum: der alte Herr höchstpersönlich plus ich).

Aus Neugier suche ich im Gästebuch nach dem Eintrag von Antoine, der einen Monat zuvor hier war. Mysteriöserweise finde ich einen Eintrag mit exakt Antoines Handschrift (Merkmal: nur Großbuchstaben und daher für Thais beinahe unlesbar) und einem verräterischen Sanouke Mak Mak  (so sieht die Transkription von Sehr viel Spaß auf Thai mit einem sehr französischen Akzent aus) aus der Feder eines gewissen Fusils.

(Nachtrag: Im Nachhinein stellt sich heraus dass es natürlich Antoine aka Roger aka Prai aka Tonio der Nichthalbspanier war; womit sein Namensrepertoire erneut erweitert werden muss)

03.03.

Der neue Freiwillige Tobias macht einen ganz netten Eindruck und scheint auch recht clever; letzteres behauptet er zumindest gerne von sich selbst. Er bringt leider nicht die erhoffte plaquette du chocolat, dafür aber die mit Abstand muskulösesten Oberarme in ganz Thailand und ist intensiv auf der Suche nach einer Freundin (ich lehne dankend ab und verweise auf meine Katze in Deutschland).

(Nachtrag: Eine Woche später – Tobias freut sich wie doof über seinen Thaispitzennamen Teb, Engel; außerdem begegne ich ihm in seinen hautengen Regenbogenunterhosen. Zweifel kommen auf, ob hier wirklich nach einer Freundin gesucht wird.)

08.03.

In Kok Payom findet ein zweiwöchiges Workcamp zum Thema Umwelt statt. Auf dem Programm stehen unter anderem die Herstellung von Kompost, das Bauen einer kleinen Biogasanlage, Informationstafeln für den Lehrpfad in den Mangroven und ein größerer Käfig für unseren Adler Lincoln. Pläne für eine Krabbenfarm, welche die Dorfbewohner angeblich bauen wollen, um Schülern das Leben der Krabbe zu lehren, werden verworfen – ich vermute dahinter steckt eher die Leidenschaft für frisches Krabbenfleisch… Verrückterweise hat das Workcamp nur einen einzigen Teilnehmer, Kenta aus Japan – wie soll man da all das schaffen?

(Nachtrag: Später kam für ein paar Tage weibliche Verstärkung aus dem anderen Dalaaprojekt in Klong Dän und in der zweiten Woche stießen noch ein paar junge thailändische Dalaamitglieder dazu. Die Schilder sind trotzdem nicht fertig geworden, womit es jetzt an uns Kok Payom Freiwilligen liegt, sie fertigzustellen. Aus der Erfahrung mit der Geschwindigkeit, in der wird unser Boot repariert haben, schätze ich mal, sie werden noch vor Ende diesen Jahres fertig und aufgestellt sein!)

 09.03.

Die Schülersprecherwahlen an der Grundschule in Kok Payom gehen mit 86 von 103 Stimmen für Nong Bo aus.

(Nachtrag: Ich vermute heimliche Absprachen in Kindergarten, vielleicht liegt auch ein schwerer Fall von Bestechung mit Keksen vor!)

11.03.

 Unser Gesellschaftsspielerepertoire wird um Loups Garous, das gute alte Werwolfspiel erweitert (auch hierüber würde sich mein Deutschlehrer Herr Dreger wohl freuen); am meisten Spaß macht es aber, die Thailänder den französischen Namen aussprechen zu lassen.

Unser spontaner nächtlicher Trip mit dem Boot zu den Glühwürmchen scheitert dann an der Abwesenheit der Glühwürmchen; dafür erfahre ich aber vom Dorfvorsteher, dass er noch nicht die vier Nebenfrauen zusammen hat, die man als guter Muslim braucht. Ich bin leicht verblüfft und lehne dankend ab.

(Nachtrag: Später finde ich heraus, dass seine Frau vor ihm schon zweimal verheiratet war. Jetzt frag ich mich, ob geschiedene Ehen auch vom Nebenfrauenkonto abgezogen werden, oder ob man jedesmal neu zählt.)

13.03.

Heute Abschiedsausflug von Antoine und Daisuke zu einer kleinen, touristisch vollkommenen unerschlossenen, abgeschiedenen Insel vor der Andamanenküste.

(Nachtrag: Mit der Abgeschiedenheit war es dann doch nichts, unglücklicherweise hat sich eine große Gruppe thailändischer Studenten das gleiche Wochenende herausgesucht. Dafür gab es abends einwandfreie kulinarische Versorgung dank unseren Nachbarn, soll heißen Barbecue am Strand mit dem ein oder anderem Bier und danach schlafen unterm klaren Sternenhimmel…)

15.03.

Daisukes und Antoines Abschiedsparty (die ohne Bier mit den Dorfbewohnern); Unmengen an Essen, Fotos und emotionaler Reden. Antoine punktet mit seiner Karaokeversion (soll heißen: er schrieb seine Rede auf französisch, ein franzöischer Dalaamitarbeiter übersetzte sie ins Englische und dessen Ehefrau dann in Thai, woraufhin der Franzose es dann wiederrum in einen für einen Franzosen ausprechbare Variante transkripiert hat. Bei dem ganzen Vorgang hat wurde aus einer Din A4 Seite mal so eben drei einhalb…)

16.03.

Am Morgen seiner Abreise bemerkt Daisuke, dass er sofort die Grenze überqueren muss, weil er ein neues Visum braucht. Vielleicht wusste er es auch schon vorher, wir jedenfalls nicht, was dann zu einem spontan Ausflug an die malayische Grenze führt. Der nette Grenzbeamte bittet mich um meinen Reisepass, den ich natürlich vergessen habe. Als er aber herausfindet, dass ich aus Kok Payom komme (klar, wer kennt auch nicht dieses 900 Einwohner Fischerdorf versteckt in einer Biegung eines Flusses?), bekomme ich sofort seine Handynummer. Wann immer ich Probleme mit der Polizei habe, soll ich ihn doch einfach anrufen, und er regle dass für mich.

Dann haucht Daisuke sein letztes See you als er in Satun in den Minivan steigt. Als nächstes geht er für 5 Monate nach Kenia, und ich hoffe er passt gut auf seine neue Kamera (50.000 Baht, dafür kann man in Thailand ein kleines Haus kaufen) und seine Finger auf – ich hörte eine Geschichte von einem Japaner, dem von einem Südafrikaner ein Finger abgebissen wurde, als dieser versuchte, die Hand des weißen Gespenstes zu verspeisen; und wünsche ihm viel Erfolg beim Gründen seiner eigenen NGO in Japan.

(Nachtrag: Von dem was ich später hörte hoffe ich doch, dass ihm seine angebliche Yakuza-Vergangenheit dabei nicht im Weg steht.)

17.03.

Abschiedsfeier für die sechste Klasse.  Damit endet auch das Schuljahr, man sieht sich dann in zwei Monate!

Oder vielleicht auch nicht, in der Aussicht dass wir bald nur noch zwei Freiwillige seien werde, wechsle ich die Schule und werde von da an im nächsten Dorf, Tachamuang, unterrichten. Die Dorfbewohner von Kok Payom sind darüber alles andere als glücklich, und da sieht mans mal wieder: kindische Abneigungen zwischen benachbarten Dörfern sind ein internationales Phänomen. Mir ist das relativ egal, die Lehrerinnen haben mich bereits voll adoptiert (drei weitere Frauen, die ich von jetzt an mit , Mama ansprechen muss). Jetzt steht nur noch die H-Frage vom Direktor an (Antoine, do you like Hitler? was dieser natürlich enthusiastisch bejahte weil er kein Wort verstand) und dann kanns losgehen.

Neue Schule, neues Glück!

18.03.

 Nervöse Kurzschlussreaktion bei Fusilrogerpraiantoine – oder warum sonst fängt er zwei Tage vor seiner Abreise an, die 44 Buchstaben des thailändischen Alphabets zu lernen?

Außerdem werden wir innerhalb einer Woche zum dritten Mal zu einer Beschneidungsfeier eingeladen. Das ganze sieht dann ungefähr so aus: Die eine Hälfte des Dorfes kocht und serviert Essen, die andere Hälfte ist in wechselnden Schichten am Essen und der betroffene Junge liegt wie ein kleiner Königstiger halbunbekleidet bis ganz nackt im Haus und empfängt Geldgeschenke in Umschlägen.

(Nachtrag: Im Nachhinein macht das ganze natürlich Sinn, weil jetzt die Schulferien beginnen und die Jungs nach der Prozedur erstmal für eine Woche flachliegen; auch wenn das ganze angeblich nur einen einzigen Tag wehtut)

19.03.

Wer behauptet eigentlich, dass das Absolvieren von drei Jahren Kindergarten nicht eine Leistung ist, die mit Diplom und Zeremonie gefeiert werden sollte? Antoine und ich begleiten eines unserer Lieblingskinder, Iffan (übrigens der Sohn meiner Ma, was das muslimische Wort für , also Mama ist; womit er dann praktisch mein Bruder ist; und weil Iffan Yannis kleiner Bruder ist bin ich dann auch Yannis Schwester, wobei Yannis auch der Bruder von meiner Mama ist, somit also eigentlich mein Onkel – alles klar?); es gibt wie gewohnt Bilder und emotionale Reden, die Kinder sehen recht putzig mit Make-up und echten (mintfarbenen) Diplomhüten aus.

Zufälligerweise ist dann noch der Parlamentsabgeordnete der Provinz Satun da, der uns natürlich unbedingt kennenlernen möchte. Bei einer Runde Smalltalk stellt sich heraus, dass er letzte Woche den Zug von Paris nach Frankreich genommen hat; jedenfalls ist auch er eine nützliche Kontaktperson, falls ich Probleme mit der Polizei bekommen sollte.

 (Nachtrag: Inzwischen haben das so viele Leute gesagt, dass ich vielleicht endlich mal irgendwelche illegalen Aktivitäten planan sollte. Drogenschmuggel? Illegale Glücksspiele? Vielleicht hilft mir ja Daisuke…)

 20.03.

 Quel bordel! Antoines Abreise. Und, ja, ich glaube alle hier sind sehr, sehr traurig. Um eine andere Freiwillige zu zitieren – man wundert sich, warum alle ständig über diesen komischen Franzosen reden; bis man ihn dann selber trifft und versteht.

Mit ein paar Dorfbewohnern begleite ich Antoine zum Bahnhof…

…wo es natürlich längst schon keine Tickets mehr gibt weil jetzt in den Sommerferien Hochsaison ist. Was nicht ganz unwillkommenerweise zu einem letzten Beer o’clock in unserer Stammkneipe führt.

21.03.

 Mit einem letzten See you verschwindet nun auch Antoine; kleiner Franzose in einer großen Welt, reicher um unglaublich viele neue Erfahrungen und einen Bart und einen Strohhut. Für Trauer bleibt dann aber doch keine Zeit – morgen kommen hier Tanto und Kusin an, die übrigens die Familienbezeichnungen im Gegensatz zu den Thais mit biologischer Berechtigung tragen.

Reisezeit!

…so take of all your clothes – halt, Moment, da war doch was von wegen Muslime! Aber jetzt mal im Ernst: So langsam ist es dann auch wieder genug mit der heißen Jahreszeit.

Nicht dass ich die Regenzeit (inklusive ihrem guten Freund Herrn Schimmel) bevorzugen würde, aber die Temperaturen hier steigen langsam ins astronomische und bis April wird sich an diesem Trend auch erstmal nichts ändern. Da leider noch niemand eine Konstruktion erfunden hat, um Entropie über weite Strecken z. B. von Kok Payom nach Freiburg in die Ludwigstraße zu transferieren (warum eigentlich noch nicht?) um einen ausgeglichenen Wärmehaushalt von 23° Celsius zu schaffen, müssen wir hier alle einen Gang zurückschalten. Inzwischen sind mehr als die Hälfte der Stunden des Tages als Siesta-Time deklariert worden. Roger (ehemals Antoine, frei nach dem Motto: Pseudonym statt Haarschnitt oder Rasur) erinnert mich mehr und mehr an einen dieser Urzeitkrebse die lange Dürren überstehen indem sie ihren Stoffwechsel auf nahezu Null runter fahren und die ab und zu als Extrabeilage im Mickey-Mouse-Magazin waren. Daisuke hat die Nahrungsaufnahme bis auf eine ausgedehnte Mahlzeit am Abend weitestgehend eingestellt und treibt seinen Körper die restlichen 23 Stunden mit Cola und permanenter Nikotinzufuhr an; zurecht genießen die Japaner den Ruf als gesündeste Nation der Welt… Währenddessen fühle ich ab und zu Homo-Fabereske (ich hoffe mein ehemaliger Deutschlehrer liest das!) Abneigungen gegen die ungezähmte Natur der Tropen, insbesondere gegen die Moskitos in meinem Zimmer; und mysteriöser Weise friere ich nachts, wenn ich den Ventilator anschalte, so dass ich vermute, dass ich auf der Stelle erfriere wenn ich in fünf Monaten im deutschen Hochsommer aus dem Flugzeug steige.

Apropos ungezähmte Natur, von unseren ehemals fünf mehr oder weniger niedlichen Katzenbabies ist noch genau eines übrig; übrigens auch das einzige das offiziell von Yannis und mir getauft wurde – Janosch, wir waren uns nicht ganz mit dem Geschlecht sicher, die Kinder nennen es lieber Yannis (beide Namen sind für Thailänder schwer auszusprechen, aber zweiteren konnten sie immerhin vier Monate üben). Mit dem abendlichen Krabbenfischen direkt vom Sala aus haben die Dorfbewohner auch eine konstruktive, actionreiche Alternative zum ständig plärrenden Fernseher gefunden; allerdings hat Naturfreund Roger so seine Probleme mit der artungerechten Haltung und plant eventuell schon die eine oder andere Guerilla-Intervention (nachdem er schon das Ausräuchern des ein oder anderen Ameisenbaus nicht verhindern konnte).

Auch der kulturelle Austausch läuft weiterhin gut; so brachte mir Daisuke ein japanisches Kinderspiel bei, bei dem es das Hauptziel ist, dem Mitspieler eine Ohrfeige zu verpassen. Meine Japanisch-Kenntnisse beschränken sich leider immer noch auf iti, ni, san (eins, zwei, drei), oishi (lecker und der Name einer Eisteemarke), konnichiwa (Guten Tag), oyasumi (Gute Nacht) und aserdatschi (keine Übersetzung da nicht jugendfrei); dafür verriet mir Anto-äh, Roger, dass Waschbrettbauch auf Französisch plaquette du chocolat heißt, was mich mal wieder daran erinnert, dass Französisch definitiv die schönere, weil lyrischere Sprache ist (und natürlich an den swimming instructor, der am 5. März ankommt).

Der Deutsche Kulturbeitrag des Monats bestand aus echtem Farang-Essen, gekocht von Kai und mir; geplant waren nicht unbedingt urdeutsche Ravioli, da wir aber statt Weizenmehl nur ein Mexikanisches Surrogat (Maismehl) mit zu geringem Glutenanteil (Gluten=Klebereiweiß, dieses Wissen verdanke ich meiner intoleranten Cousine) hatten, wurde es dann eher Italienisch-Spanisch-Deutsche-Thailändische-Fussionsküche. Auf jeden Fall lecker da knusprig frittiert (Grundregel der Thaiküche) und wir tauften das ganze spontan Küechli, in der Hoffnung dass niemals ein Freiwilliger mit schwyzerdütsch-language-skills nach Kok Payom kommt. Übrigens traf ich jüngst einen Workcampteilnehmer mit eben jenen Fähigkeiten, der interessanterweise jedoch aus Japan kam und sogar „Sie ist weg“ von den Fantastischen Vier rappen konnte!

Noch etwas zum Thema Zusammenleben – die Amerikanische Freiwillige ist gegangen bzw. gegangen worden (primär von Antoine und mir, mein Gewissen lastet schwer wie ein Stein), machen wir es kurz – ein gewisses geistiges Alter ist notwendig, um sich als Volunteer zurechtfinden zu können; und an dieser Stelle darf ich stolz anmerken, dass mein Schwesterherz, obwohl zwei Jahre jünger, garantiert fünf Jahre reifer ist als besagte Amerikanerin ist. (Soll heißen, Lucie, komm doch mal hier her und sei ein bisschen Freiwillige, deine Schwester vermisst dich!)

Außerdem, unglaublich aber wahr, fand fast exakt in der Mitte meines Freiwilligendienstes ein Meeting für alle Mittel- und Langzeitfreiwilligen statt. Es wurde mit Farbstiften und vielen Plakaten (Und wo siehst du dich gerade auf dem großen Schiff unserer Organisation? Auf dem Sonnendeck oder im Maschinenraum?) gearbeitet, ich schätze mal nahe am PH-Niveau (wobei ich das PH-Niveau natürlich nur vom Hörensage kenne und hier niemanden beleidigen möchte). Ansonsten vielleicht ein bisschen zu viel unkonkretes Bla, über die Welt und die Menschen im Allgemeinen und Spezifischen, was ja bekanntlich ein weites Feld ist (Herr Dreger, ich hoffe sie sind stolz auf mich!); dafür aber der echte Dalaa-Sprit, sprühend vor Motivation, und erwähnte ich bereits dass es auch Bier gab? Zeitweilig konnte damit sogar Roger reanimiert und aus seiner Semisommerstarre geweckt werden!

Vielleicht noch zum Schluss eine Erfahrung die ich gestern machen durfte – im Sugarbeat, einer echten und wahrhaftigen Thaidisko in Hat Yai. Ich repräsentierte exakt die Hälfte der dort anwesenden Farang, aber bis auf einige kleine Details ging es dort recht Europäisch zu. Am Eingang waren diverse Verbotsschilder – kein Rauchen, kein Essen, keine Schusswaffen (alles sehr vernünftig angesichts der doch etwas überdurchschnittlichen Menschendichte, zum Glück sind die meisten Thais so schmächtig), ferner kein Einlass unter 20 und kein Einlass mit Flip Flops (zwei Regeln die wohl offensichtlich für mich nicht gelten), sowie der Dresscode – keine Shorts und keine Trägertops – schätze mal dass soll heißen man ist verpflichtet weniger zu bedecken. Bleibt für mich das Fazit dass ich weder Ravepartys noch Diskos allzu sehr mag, vielleicht hätte ich mit god of the dancefloor Yannis oder the human robot Antoi- äh, Roger noch etwas mehr Spaß gehabt, aber was solls, jedenfalls bin ich froh mich für ein ruhiges, verlängertes Wochenende (ein Hoch auf die Feiertage!) nach Nakhon Si Thammarat zurückzuziehen und mir ein bisschen Kultur rein zuziehen – bis demnächst dann mal!

(O-Ton Kai: Üüüüah, Kultur!)

Hiermit begrüße ich sowohl alle alteingeseßenen wie auch neuen Leser; hoffe bei euch ist es nicht mehr ganz so kalt und ihr seid noch alle gesund und wohlauf (Stichwort: Fasnacht).

Was in der Zwischenzeit geschah…

Vorletztes Wochenende besuchte ich die erste und vermutliche letzte Raveparty meines Lebens, genau genommen die “größte monatliche Raveparty der Welt” (Quelle Lonely Planet, daher wahr), manch einer mag es schon ahnen: die Vollmondparty auf der Insel Koh Phangan (Insel=Koh, man verzeihe mir den Pleonasmus).
Koh Phangan gehört zu den Inseln Thailands auf denen man auffällt, wenn man kein Tattoo hat, viel mehr als einen Bikini trägt oder wenn man versucht auf Thai im Restaurant zu bestellen…
Yannis, Kai und ich kamen dank Henna, einer (ehemaligen) Freiwilligen aus Finnland, in einem netten Bungalow unter und machten sogar die Bekanntschaft von ihrem Vater; welcher es schaffte, ohne Englisch oder Thaikenntnisse schon am ersten Tag Geld bei Wetten (Thaiboxen) zu verlieren. Außerdem erfuhren wir, das Finnen normalerweise im Januar keinen Alkohol trinken.
Die Party an sich war dann eigentlich weniger spektakulär, Alkohol aus Eimern, benebelte Gurus mit Dreadlocks am Strand tanzend, beinahe korpulierende Paare im Meer – halt genau das, was man erwartet, wenn man auf die Vollmondparty geht.
Leider war der Stromausfall einige Stunden vor der Party auch nicht anhaltend, so dass es statt Techno unplugged den selben schlechten Elektro-Bla den ganzen Strand entlang gab.
Was mir sehr gut gefiel war das breite Wellness und Yoga-Angebot auf der Insel; damit ist es kein Problem sich nach einer Runde Intox auf der Voll-/Halb-/Neu-/Shivamond Party (Wann zum Teufel ist Shivamond?) sich eine Runde Detox zu gönnen.
Also alles in allem nicht unbedingt meine Party, aber doch eine Erfahrung wert.

Letztes Wochenende war dann der letzte Ausflug in Kok-Payom-Originalbesetzung (Yannis, Antoine, Flo, Daisuke und ich) nach Koh Ngai (oder auch Koh Hai) in der Provinz Trang. Die erste Nacht übernachteten wir in Trang, wo außerdem noch Kai und Joe an einem Meeting mit Captain Buff teilnahmen konnten (was das jetzt auch bedeuten mag…). Auf der Insel gab es dann einen 1-A Sandstrand (mit Wasser fast so klar wie auf Koh Lipe, um hier mal Yannis zu zitieren), einen Haufen Luxusbungalowanlagen und nicht viel zu tun, mal abgesehen von Essen, Biertrinken und Schwimmen.

Und schließlich dann Yannis Abschied, der sich in mehrere Episoden gliedern lässt:
1.) Abschied vom Strand, mit Bier
2.) Abschied von den Mangroven, mit Bier
3.) Abschied von den Dorfbewohnern (es kamen sage und schreibe an die 50), ohne Bier, dafür aber mit Unmengen an Essen, ausgezeichnetem Mousse au Chocolat aus Eigenproduktion, Abschiedsgeschenken und einer Rede in ebenso ausgezeichnetem Thai von Yannis (abgelesen, aber…Mai bpen rai!)
und natürlich unweigerlich der
4.) Abschied am Bahnhof.
Vor allem bei Abschied Nummer 3 wurde mal wieder klar, wie sehr sich die Dorfbewohner um uns kümmern und wie selbstverständlich sie uns als Familenmitglieder betrachten. Ich bin mir ziemlich sicher, dass sie Yannis sehr vermissen werden und ihn als besonders erwachsen und reif in Erinnerung behalten werden (das muss alle, die Yannis kennen, inklusive ihn selbst, ziemlich verwundern, oder Yannis?)
Jedenfalls ist mit Yannis Abschied der Spaßfaktor in Kok Payom deutlich gefallen (wenn er auch dank Antoine immer noch recht hoch ist); bleibt also zu hoffen dass der nächste Freiwillige, Mr. Swiminstructor Tobias aus Dänemark mindestens halb so cool wie Yannis ist…

Dann war/ist dieses Wochenende noch chinesisches Neujahr, dass hier vor allem in den größeren Städten gefeiert wird. Ich wurde von einer viertel-chinesischen Lehrerin zu sich nach Hause eingeladen, wo es dann – überraschung! – Unmengen an chinesischem Essen gab, unter anderem auch Schweinefleisch (unwahrscheinlich!), und ich durfte Buddha, den Ahnen der Familie und dem König von Thailand mit einer Menge Räucherstäbchen meinen Respekt zollen…

In diesem Sinne euch allen ein frohes neues Jahr, einen schönen Valentinstag und denkt an mich wenn ihr euer nächstes Bier trinkt…

So, da ich mich schon laengere Zeit nicht gemeldet habe, mal der neueste Stand der Dinge:
Nach meiner einmonatigen Kok Payom-Abstinenz bin ich gut wieder (quasi-) zuhause angekommen.
Das Essen ist immer noch das beste IN THE WORLD, die Kinder sind immer noch lieb und niedlich und anstrengend und wuerde man in Milch und Honig baden und sich danach auf den Boden legen wuerden einen die Ameisen wahrscheinlich in die verschlungenen Winkel ihres Baues abtransportieren.
Es gibt aber auch Neuigkeiten: Mit Daisuke, alias Sag (der Thai-Name den ihm die Dorfbewohner gegeben haben, bedeutet “Teak”) alias Suub (der Thai-Name, den ich ihm gegeben habe, bedeutet “rauchen”) hat endlich ein ECHTER Japaner in Kok Payom Einzug gehalten, inklusive Laptop, Sprachcomputer, I-Pod-Touch und Woerterbuch im Manga-Stil.
Ausserdem ist fuer einen Monat eine Amerikanische Freiwillige da, uns sagen wir es so – es ist vielleicht besser wenn sie nur einen Monat da ist, sie ist naemlich eeeetwas langsamer (- Emily setzt zum Satz an -“WOW!…I think…I saw….like….something….like…a… – Pause – slow motion shooting star….that’s – Pause – …sooo…. – Julia befindet sich im Tiefschlaf – weird!”) und da ich in der Regel doch eeeeetwas schneller bin ist die Kombination….suboptimal!
Was sonst noch geschah? Anna und Caroline kamen mich besuchen, verbunden damit hatten Yannis und ich in Hat Yai eine besondere Begegnung mit Captain Buff (abends war sie ausgesprochen vergnuegsam, am naechsten Morgen dann nicht mehr. Jeder darf sich selbst zusammenreimen, wer dieser Captain Buff denn nun ist…).
Ausserdem kamen Antoines Eltern zu Besuch, womit nun klar ist, woher Antoine seine Spielstrategien (ich sage nur: Oberschummler bei der allabendlichen Runde Jungle-Jam) und seine Lieblingsausdruecke (Marie-Pierre: Ca va etre chaud, vgl.: Antoine: C’est chaud, ca!) geerbt hat.
Unser wunderbares Boot, Yiau Tale (alias Seahawk) ist endlich zumindest halbwegs seetauglich; gleichzeitig haben wir unseren Stundenplan umgearbeitet, so dass es jetzt je einmal die Woche nachmittags Sport und Kunst gibt.
Und ich war auf meiner ersten muslimischen Hochzeit (und natuerlich auch auf meiner ersten thailaendischen); genauer genommen auf der Party die nach einigen Tagen auf den offiziellen Teil folgt. Ich haette nicht gedacht, dass (sehr unprofessionelle) Taenzerinnen in Miniroecken in muslimischen Doerfern so willkommen sind (waren sie dann auch nicht); dafuer war die Feier am naechsten Tag genauso wie ich sie mir vorgestellt hab (das ganze Dorf ist eingeladen und permanent wird in wechselnden Schichten gegessen, waehrend das Brautpaar tapfer fuer so manches Foto herhalten muss).
Achja, es war auch noch Wan Dek, Kindertag, inklusive diverser wunderbarer Praesentationen mit Kindern in schraegen Kostuemen (Kok Payoms Next Topmodel) und ein unwahrscheinlich grosses Pfadfindercamp (in Thailand ist die Mitgliedschaft verpflichtend fuer alle Schueler…und Lehrer wohl auch!) mit 800 bis 2000 Kindern (nach Thaiangabe) und und und….ach, es ist zuviel passiert, mehr beim naechsten mal!

Ein kleiner (aber langer?) erster Zwischenbericht von unserer Indonesienreise

22/12/09
Die Busfahrt von Hat Yai nach Kuala Lumpur verläuft absolut reibungsfrei und ist – von meinem heutigen Standpunkt aus – unwahrscheinlich komfortabel (mehr zum Thema Busreisen später).
Außerdem ereignet sich folgender Dialog:
„Where a you from?“
„Germany.“
„Ah, Japan!“
„No, Germany!“
„Konnichiwa?“
In KL finden wir schnell ein nettes Hostel und absolvieren ein extrem-minimalistisches Sightseeingprogramm inklusive letztem Gnadencocktail da Alkoholverfügbarkeit im muslimischen Indonesien ungewiss.

23/12/09
Man lernt nie aus: Am Flughafen in KL erfahren wir, dass ausgerechnet in Banda Aceh keine On-Arrival-Visa ausgestellt werden, ergo wir unseren geplanten Flug nicht nehmen können. Bevor gewisse Ressentiments gegen Indonesische Botschaften, die zuvor bei mehrfacher Nachfrage das Gegenteil beteuerten, eskalieren können, wird flugs ein neuer Flug nach Medan gebucht. In Medan finden wir eine überaus charmante, jedoch beinahe unauffindbare Unterkunft in einem alten dänischen Herrenhaus. Die Dekoration lässt auf fromme Christen schließen; das Bücherregal verrät: Auch im russischen Lonely-Planet (oder seinem entsprechenden Pendant) wird dieser Familienbetrieb wohl aufgeführt!

24/12/09
Das weihnachtliche Frühstück in westlichem Ambiente liefert leider keine ausreichende Stärkung für die bevorstehende, unerwartet lange Busfahrt. Sagen wir es so: drei Stunden können auf kurvenreicher Straße ganz schön gedehnt werden, und auch der Begriff Passagierkapazität ist ausgesprochen dehnbar. Sehen wir das Positive: Ich hatte einen Sitzplatz, und zwischen meinen Schenkeln hing kein aus dem Fenster vomitierender Indonesier. Armer Kai.
Am Hafen Parabat ereignet sich folgender Dialog:
„Where are you from?“
„Germany.“
„Ah, Japan!“
„No, Germany!“
„Japan!“
Zur gigantischen Vulkaninsel Dona Toba („Größer als Singapur!“ wie mir mein Mitreisender, neuerdings Mitglied der „Mir-nach-denn-ich-habe-einen-Lonely-Planet“-Strömung mehrmals versichert) ist es dann nur noch ein Katzensprung.
Wir finden eine ausgesprochen noble Unterkunft und entscheiden: An Weihnachten darf Geld keine Rolle spielen!
In dem Lokal das wir aussuchen weiß man vor dem Mahl gekonnt Spannung aufzubauen (wir warten etwa zwei Stunden auf unser Essen) und auch auf die romantisch-kerzenscheingetränkte Atmosphäre (Stromausfall) wird wert gelegt.
Später werden bei weihnachtlichen Bananenshakes Geschenke nach dem Grummelsackprinzip, jedoch ohne Sack und ohne Grummeln, ausgetauscht.

25/12/09
Folgender Eintrag wird aufgrund Abenteuer des Kalibers „Erzähl-es-lieber-nicht-deinen-Eltern“ etwas abgekürzt. Wir lernen gemeinsam französisch („Acceleration maximale!“) und verfahren uns ein bisschen. Acht Stunden mit intensiven neuen Kontakt, sowohl mit der einheimischen Bevölkerung (wie immer sehr hilfsbereit) als auch der einheimischen Flora und Fauna (auch hier gibt es also Blutegel!), sind wir alle soweit das wir gerne den Service des Ladens auf der gegenüberliegenden Straßenseite in Anspruch nehmen würden –
Massage
Laundry
Magic Mushrooms
halten uns dann aber doch lieber an das indonesische Bier. Dona Toba ist übrigens sehr christlich, und bei den netten, flirtwilligen Mädels die hier reichlich vorhanden sind, scheint es hier ein leichtes eine nette Begleiterin zu finden, die einem morgens ein Mushroom-Omlett brät.
Was sich des weiteren ereignet:
Kai verliert seine Schuhe.

26/12/09
Wir erholen uns vom bisherigen Urlaub. Mehr Bier!

27/12/09
Man könnte meinen, wir hätten etwas aus unseren vorherigen Erlebnissen gelernt, entschließen uns aber trotzdem wieder für den Economy-Bus von Parabat nach Medan. Von dort aus nehmen wir den Bus nach Banda Aceh, die gute Nachricht: Er ist durchaus komfortabel.
Die schlechte Nachricht: Der Busfahrer negiert das offizielle Linksfahrgebot Indonesiens uns scheint ein Faible für haarsträubende Überholmanöver zu haben. Die bekommen wir auch in voller Schönheit zu sehen, haben wir uns ja intelligenterweise für die Frontplätze entschieden, um möglichst weit weg von der Raucherkabine im hinteren Busteil zu sein. Klug mitgedacht, nur leider kümmerte das die beiden kettenrauchenden Busfahrer recht wenig.
Die Busfahrt dauert zwölf Stunden. Am nächsten Morgen werden wir von „Modern Talking“ geweckt, vielleicht wurde die CD mit dem deutschen Bus mitgeliefert?

28/12/09
Banda Aceh, der mitunter eigentliche Zielort unserer Reise. In der Stadt im äußersten Norden Sumatras kamen beim Tsunami 2004 geschätzte 60.000 Menschen ums Leben. Banda Aceh ist aber auch ein Musterbeispiel für internationales und nationales NGO-Engangement; wir kommen bei der jungen Organisation Al-Kahfi unter. Al-Kahfi bedeutet „Die Höhle“ und bezieht sich auf eine Geschichte, in der sieben junge Männer aus der politischen Verfolgung in eine Höhle flüchten und dort sieben Jahre lang schlafen. Mit der Höhle ist bei Al-Kahfi aber das Büro direkt neben der Uni gemeint, und statt zu schlafen treffen sich hier die Studenten, um zum Beispiel das reichhaltige Reading-Center zu nutzen oder an Sprachkursen (Englisch, Japanisch, Französisch) teilzunehmen. Unser zugegebenermaßen eher bescheidener Beitrag an diesem Tag besteht darin, beim Ausladen von über tausend Setzlingen zu helfen, die später in der Stadt verteilt werden sollen, damit die Menschen sie selbstständig im Gedenken an die Tsunami-Katastrophe pflanzen.

29/12/09
Eine Art „Sight-Seeing-Tour“ offenbart uns die Wunden, die der Tsunami in das Stadtbild geschlagen hat, und die dank der vielen helfenden Hände erstaunlich gut verheilt sind. Viele neue Gebäude, zum Beispiel Moscheen, Schulen und Krankenhäusern, wurden von zahlreichen Staaten und Unternehmen gespendet (letzteres hinterlässt manchmal einen etwas komischen Nachgeschmack, wie die Coca-Cola-Schule).
Nicht sichtbar aber fühlbar sind die inneren Verletzungen, welche die Überlebenden davontragen – jeder in Al-Kahfi hat Familienmitglieder verloren; jeder hat seine eigene Geschichte, wie er der Welle entkommen ist; jeder hat furchtbare Dinge gesehen. Ermutigend ist, wie offen diese Erfahrungen kommuniziert werden, und wie die Jugendlichen, statt mit ihrem Schicksal zu hadern, selbst aktiv werden.